Bauen im Bestand
Den Bestand in Wert setzen
Ehrgeizige Zielsetzung: Im Klimaschutzgesetz ist festgelegt, die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2030 um 65% gegenüber 1990 zu senken und bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen (Quelle: Bundesregierung). Hinzu kommen die Ziele des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad und möglichst 1,5 Grad zu begrenzen (Quelle: Umweltbundesamt).
Der Gebäudesektor spielt bei der Erreichung der Klimaziele eine entscheidende Rolle. Bauen im Bestand kann ein Lösungsansatz sein. In der Erhaltung, Weiter- und Umnutzung von Bestandsgebäuden und bestehender Bausubstanz liegt ein enormes CO2-Einsparpotenzial. Die graue Energie, also die im Gebäude gebundene Energie, die für Bau, Herstellung und Transport aufgewendet wurde, bleibt so durch die bereits verbauten Baustoffe in der existierenden Gebäudestruktur gebunden. Folglich hängt die Nachhaltigkeit eines Gebäudes nicht alleine vom aktuellen Energieverbrauch ab, sondern auch von der bereits im Bau gebundenen grauen Energie. Der Rückbau und Neubau einer Immobilie verbraucht eine erhebliche Menge Energie. Bei einem Neubau macht die graue Energie etwa 50% des Energieverbrauchs im Lebenszyklus (KfW55) aus (Quelle: Bauwende). Folglich liegt ein hohes CO2-Einsparpotenzial in der Modernisierung von Immobilien. Diese können durch Instandhaltung, Sanierung oder Umbau fortschrittlich umgenutzt sowie zukunftsorientierten Erfordernissen angepasst werden. Durch das Bauen im Bestand bietet sich die Gelegenheit, ein Gebäude oder einen städtebaulichen Raum zukunftsfähig zu gestalten.
Zu den Klimazielen kommt ebenfalls das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 bezahlbare und klimagerechte Wohnungen zu schaffen (Quelle: Bundesregierung). In Zeiten von Wohnungsknappheit ist es notwendig, sich um die Pflege, Instandhaltung und Weiternutzung bestehender Strukturen zu bemühen. Gebäuden kann durch einen nachhaltigen Umbau so ein zweites Leben und neue Funktionen eingehaucht werden.
Ebenso bedeutsam ist die energetische Sanierung von Bestandsimmobilien. Berechnungen des Forschungsinstituts für Wärmeschutz gehen davon aus, dass die Zielsetzungen der Treibhausgasemissionen nur mit einer Erhöhung der Modernisierungsrate auf mindestens 2% jährlich zu erreichen sind (Quelle: Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München). Derzeit liegt die aktuelle Sanierungsquote lediglich bei ca. 1% (Quelle: Umweltbundesamt). Die jährliche Sanierungsrate muss folglich deutlich erhöht werden. Im Juli 2022 hat das Wirtschaftsministerium die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) neu ausgerichtet. Wer eine Komplettsanierung fördern lassen möchte, wendet sich hierfür an die staatliche Förderbank KfW. Um möglichst vielen Antragsstellern eine Förderung zu ermöglichen, wurden die BEG-Fördersätze der KfW gekürzt (seit 15.08.2022). Für Einzelmaßnahmen wie Austausch von Fenstern, Türen, Heizung oder der Sanierung der Gebäudehülle ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig.
FAZIT
Vor dem Abriss und Neubau eines Gebäude sollte immer die Frage gestellt werden: Was kann der Bestand und wie können wir ihn zukünftig verwenden? Bestehende Potentiale sollten genutzt und Qualitäten gestärkt werden. Architektur ist auch Zeitzeugnis, das erhaltenswert ist und einem neuen Lebenszyklus zugeführt werden kann. Um einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele zu leisten ist es unumgänglich, den Gebäudebestand in Wert zu setzen und für heutige Nutzungen zu modifizieren. Nachhaltiges Bauen bedeutet nicht ausschließlich neue Bauwerke zu errichten, sondern auch den Gebäudebestand zu erhalten und in Wert zu setzen.
Unsere Beispiele:
Goldsteinstraße, Frankfurt am Main
Heinrichstraße, Düsseldorf