Francis
Sankt-Franziskus-Straße, Düsseldorf
Projekt
Dritte Platzierung
ethical
ecological
efficient
BGF
53.600 m²
Design Team
Marc Böhnke, Mario Reale, Yasmin Jarjour, Francesca Sergenti, Marija Vogel, Alessia Mistretta, Shidokht Shalapour, Nita Sula, Bella Putri
Fachplaner
Bureau B+B urbanism and landscape architecture (Landschaftsarchitektur), ARUP (Energie- und Umweltkonzept), Alexander Schmitz (Visualisierung)
Info
Das Konzept
Die identitätsprägenden Merkmale des Ortes im Hinblick auf Historie und Architektur sollen bewahrt und das Areal respektvoll zu einem urbanen, grünen, zukunftsgerichteten Stadtquartier mit einer mutigen Eigendynamik weiterentwickelt werden. Ziel ist die Etablierung eines resilienten, autofreien Stadtquartiers, das die neuen Nutzungen nachhaltig durch öffentliche Verbindungen integriert und Raumsequenzen miteinander verwebt. Unterschiedliche Raumabfolgen können fußläufig durchschritten werden und erstrecken sich von einem öffentlichen, urbanen Charakter des Boulevards, zu halböffentlichen Räumen mit dem Tiny Forest als „grünes Herz“ des Viertels bis hin zu privaten Gärten des Wohngebiets. Zahlreiche neue Wege und Sichtachsen ermöglichen eine Erkundung der vielfältigen Stadträume für alle Bewohner*innen innerhalb und rund um das autofreie Quartier. Drei Hauptziele umspannen dabei die gesamte Planung des Quartiers:
Ziel 1 - Gemeinschaft schaffen. Vielfältige Nutzungskonzepte und vielseitige Räume sind integraler Bestandteil des Stadtgefüges und schaffen ein Angebot für alle Mitbürger*innen unserer Gesellschaft. So können sich die Räume zu Eigen gemacht werden und Gemeinschaft entsteht.
Ziel 2 - Dichte schaffen für mehr Nachhaltigkeit. Wir schaffen einen Stadtteil, in dem die lokale Verdichtung erlaubt, Grünräume freizuhalten und öffentliche Räume hoher Qualität zu schaffen. Die Dichte ist das Mittel zur Sicherung von Lebensqualität und Natur.
Ziel 3 - Klimawandelresilienz aufbauen. Klimawandelresilienz wird in allen Entwicklungsstufen integriert, von der Fassade bis zum Dach, von der Straße bis zum Mobilitätssystem. Wir arbeiten auf höchste Wasserwirtschaftsstandards – nahezu versiegelungsfrei – hin, erhalten und fördern Vielfalt und betrachten die Neustruktur als Windkorridor und Biodiversitätskatalysator. Grünflächen, von ganz klein bis zu ganz groß, sind integraler Bestandteil dieser Stadtidee. Die Stadtnatur ist dadurch immer in Sicht und erlebbar, so dass Biodiversität in allen Maßstäben integriert wird: Zusammenleben mit Flora und Fauna.
Die Architektur
Die historische Identität des urbanen Quartiers bleibt durch den Erhalt des roten Backsteingebäudes entlang der Hansaallee bewahrt. Das Tragwerk einer alten Industriehalle wird als sichtbare historische Spur erhalten, in Rot akzentuiert und tritt als Charakteristikum des urbanen Boulevards als Hauptachse des Quartiers in Erscheinung. Die heterogenen Baukörper interagieren mit dem unmittelbaren Kontext und den offenen Blöcken, die diverse Blick- und Sichtbeziehungen ermöglichen. Die offene, aufgebrochene Blockstruktur reagiert dabei auf den Sonnenlauf, passive Sonneneinträge, Frischluftschneisen sowie Eigen- und Fremdverschattung und ermöglicht einen Städtebau mit menschlichem Maßstab. Die Baukörper antworten zusammen mit den Freiflächen auf unterschiedliche Umwelteinflüsse mit dem Ziel, einen anpassungsfähigen Städtebau zu bilden. Die Wegebeziehungen innerhalb des Areals markieren Begegnungsflächen mit größtmöglichen Interaktionsflächen unterschiedlichster Art in Form von Plätzen, Gassen und Höfen.
Der nordöstliche Bereich nimmt die Höhen der kleinteiligen Wohnbebauung der Nachbarschaft auf. Hier ist eine Mischung aus öffentlich gefördertem sowie preis-gedämpften Wohnraum und Platz für eine Baugruppe vorgesehen. Richtung Schwalmstraße staffeln sich die Geschosshöhen, um ein bis zwei Geschosse höher, um das neu entstehende Quartier vor Schall zu schützen. Das Eckgebäude an der Hansaallee/Schwalmstraße ist ein Stück in das Quartier zurückgesetzt, um dieses für Fußgänger zu öffnen. Hier können ein Café, eine Werkstatt für angepasste Arbeit sowie eine Mobilitätsstation (E-Ladestation für Fahrräder, Mietung Lastenrad, Abstellplatz für Roller und Scooter sowie eine Reparatur-Werkstatt) untergebracht werden. Im zu erhaltenden roten Backsteingebäude ist Gastronomie, ein Kulturzentrum und Jugendtreff oder eine Quartiersbibliothek vorgesehen. Eine 3-geschossige Aufstockung bietet Platz für modernen, flexiblen Wohnraum. Direkt neben dem Bestandsgebäude befinden sich Quartiers-Eingänge, der Raum für Anlieferungen bietet und Ort ist, an dem Eltern ihre Kinder zur Schule bzw. KiTa bringen können. Von diesem Standpunkt führt eine „Rennbahn“ fußläufig direkt zum Schulhof und zur KiTa bzw. über den Boulevard bis in das „grüne Herz“ des Quartiers.
Entlang der stark befahrenen Brüsseler Straße fungiert die Bebauung sowie ein Parkstreifen mit Bäumen als Schallriegel für das gesamte Quartier. Hier findet gestapeltes Gewerbe (Werkstätten, Laboratorien, Industrie 4.0), einem Startup Hub sowie flexiblen Büroeinheiten als Co-Working-Space statt. Im Sockelgeschoss mit Blick auf das Schulgebäude ist eine dreizügige KiTa untergebracht. Eine Obstwiese öffnet sich vom Gelände der KiTa in Richtung Schulhof der Grundschule, um den Außenraum der beiden Bildungseinrichtungen miteinander zu verweben.
Außenraumkonzept
Es entstehen zwei sich ergänzende Stadträume: Eine urbane Achse und eine großzügig begrünte innerstädtische Oase, die sich beide unterschiedlich mit dem Kontext verweben und ein Gegenüber zum gewachsenen Bestand schaffen. Die urbane Achse verläuft parallel zur Hansaallee und wirkt wie ein urbaner Katalysator: Vibrierend, lebendig und vielschichtig, ein Stadtraum für Begegnungen. Menschen werden in das neue Nutzungsangebot des Areals, wie Gastronomie, das Jugend- und Kulturzentrum oder auch die Mobilitätsstation, eingebunden. Dem gegenüber steht eine üppig begrünte Stadtoase, die sich durch einen sehr hohen Anteil an unversiegelter Fläche als grünes Quartiersherz definiert.
Erster Schritt in der Entwicklung des Entwurfskonzeptes war die Entscheidung den alten Baumbestand auf dem westlichen Bereich des Grundstückes zu erhalten. Um den neuen grünen Charakter des Areals zu stärken wird dieser durch eine große Anzahl an Bäumen aus der Liste der Zukunftsbäume der Landeshauptstadt Düsseldorf ergänzt.
Das industrielle Erbe wird zum Vorschein gebracht und als Identitätsträger in das neu entstehende Ensemble integriert. Mit dem Erhalt des roten Backsteinhauses behält der Ort seine Wiedererkennbarkeit und hebt den Wunsch nach Kontinuität zwischen gestern und morgen hervor. Im neu entstehenden Ensemble wird eine historische Spur in Form eines Stahltragwerks einer ehemaligen Industriehalle in den Stadtraum integriert. Das Stahltragwerk erhält als Bestandteil der urbanen Achse eine neue Bedeutung.
Resilienz gegenüber den Klimaveränderungen erfordert auch die Natur wieder in die Stadt zurück bringen zu müssen sowie Biodiversität zu fördern. Diese städtische Natur beinhaltet u.a. Nistmöglichkeiten, Blumenwiesen für Bienen, begrünte Fassaden und intensiv begrünte Flachdächer. Ziel ist, die neuen und die bestehenden Grünräume miteinander zu vernetzten. Mittelpunkt des Ensembles werden zwei sogenannte Tiny Forests werden, mit einem unglaublich hohen Grad an Biodiversität. Neben den fast unberührbaren Tiny Forest in denen der Mensch nur Zuschauer ist, lädt im Gegensatz dazu die Obst-Achse als linearer Naschgarten alle ein sich dort einzufinden und zusammen zu kommen.
Das klimaneutrale Quartier
Nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft wird schon der Rückbau des aktuellen Bestands mit in die Planung einbezogen. Materialien können so wieder oder weiter verwendet werden, wo dies möglich ist. Ebenfalls werden für den Neubau Materialien eingesetzt, die wieder oder weiterverwendet werden können und den ökologischen Fußabdruck minimieren.
Durch eine Holz/Holz-Hybridbauweise können schnell und flexibel Gebäude aller Art und unterschiedlicher Nutzungszwecke wirtschaftlich erstellt werden. Holz ist ein natürlicher, äußerst flexibel einsetzbarer Baustoff, der durch den hohen Verdichtungsgrad der Bauelemente eine Steigerung der Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens mit sehr kurzer Bauzeit ermöglicht. Holz bindet CO2 aus der Luft: 1m3 Holz bindet ca. 1 Tonne CO2. Durch eine lokale Fertigung wäre eine standortnahe Zulieferung möglich und nimmt folglich geringe Transportkosten in Anspruch.
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